Aus dem Alltag einer Camperin


Ich stehe in der Nähe von Totona, ca 2,5km entfernt, also eine gute Distanz für einen längeren Fußmarsch. Gestern wollte ich zum Friseur. Hab mir per google eine Carmen ausgesucht und bin gegen 10h los. Entlang schöner Villen mit herrlichen Gärten und unterschiedlichem Gebell der Wachhunde (mindestens 2 pro Grundstück) gings die Straße entlang zur Stadt. Fidel zwar angespannt aber friedlich. Als wir bei Carmen ankommen und ich mein Begehr in Englisch mit Pantomime vorgetragen hatte, lautete die Antwort: „No, hoy, no.“ Also heute nicht. Na gut, gabne Menge Haarschneider in der Stadt also weiter. Ich irrte durch die Straßen, die Sonne inzwischen wärmer, ich müder, Frida brauchte Wasser, also Käffchen in einer Eisdiele. Laut google um die Ecke der nächste Salon. Eigentlich hatte ich keine Lust mehr, ging nicht um diese Ecke, ließ mich treiben. Frida mit Hängeohren. Fürs Mittagessen noch zu früh, also jetzt zurück? „Also Frida, zum Bus?“ Der Hund wurde wieder lebhafter. Ok, eindeutige Antwort. Sie zog mich in eine Seitengasse. Grobe Richtung stimmte, also gut ich hinterher. Und da stehe ich vor Peluquera, Friseur. Das ist ein Zeichen! „Danke Frida, warte hier.“ Ich rein, in Englisch mit Pantomime, waschen und schneiden: „Jetzt?“ „No“, zeigt auf eine wartende Kundin. Ok, eine … „Kann ich danach, später?“, wieder mit Gesten verstärkt. Sie überlegt, zeigt zur Uhr: „Ich könnte 12,30h dran kommen.“ Das wäre ihn einer knappen Stunde. „Prima! Ich dreh nochne Runde durch die Stadt, dann bin ich 12,30h hier. Si!“
Sie zufrieden, ich zufrieden, mit Frida einmal um den Block, dann taten uns die Füße, bzw. die Pfoten weh. Wir setzten uns ins Café gegenüber. Da setzten meine Zweifel ein: Ok, ihre Haare waren ok, mit rötlichen Strähnchen im dunklen braun. Aber sonst? Ziemlich ausladende Figur, Schlabberhose und Aldibadelatschen, dazu schwarze Friseurschürze … Hmmm. War das richtig?
Da kam sie aus dem Laden, entdeckte mich, winkte mir zu. Ok, hat sich mein Gesicht gemerkt, Frida lag nicht sichtbar unter dem Tisch. Vielleicht doch …?
Egal, Haare wachsen nach! Eine Kundin verlässt den Salon, sehr elegant und schön frisiert. Hmmm …

Dann war’s soweit, ich bzw. wir rüber, Frida draußen platziert. „Nein, der Hund darf rein, kann hier liegen!“ Super, wir beide glücklich.
Große Story mit den anderen Kundinnen, viel Gerede. Viele Diskussionen …
„Verstehst du, was ich sage?“ „No, nicht wirklich, Espanyol poco, poco (sehr klein).“, dazu Daumen und Zeigefinger 1cm auseinander.
Also die Geschichte noch einmal für die Ausländerin: Gestenreich, der Mann von gegenüber trinkt (Kopf in den Nacken und Finger der Hand spreizen) cerveca (Bier), multo (viel) sie torkelt, zeigt mit dem Finger die Hose entlang: „pi“, verstehe hat sich bepinkelt, „äch!“, wegwerfende Handbewegung. Wunderbar! Sie ist grandios in ihren Geschichten mit Gestik und Mimik. Typ Trude Herr, köstlich. Und ganz nebenbei zaubert sie der Kundin eine schöne Frisur. Ihre Hände bewegen sich dazu wie von selbst.
Nun bin ich dran, Haare 2x waschen, wunderbare kräftige Massagen, dann zurück zum Frisierstuhl: „Wie soll’s werden?“
„Poco (Fingerabstand 1cm) kürzer, aber nicht exakt gerade (Schneidebewegung entlang einer imaginären Linie) sonder locker (kleine Schneidebewegung senkrecht).“ „Si, poco, poco! Eigentlich lang, Hippie!“, sie hat mich erkannt.
Ich zeige ihr, wie lang meine Haare zu Beginn meines neuen Lebens waren und deute an, dass ich immer Kopfweh hatte. „Si, multo, multo … wow!“, dazu wertschätzende Handbewegung in Richtung meiner dicken, üppigen Haare.
Sie beginnt mit dem Schneiden, erzählt von allem Möglichen, bedient dazu auch noch nebenbei den google-translater, viel Spaß, da er die blumenreiche spanische Sprache teilweise sehr merkwürdig in trockne englische Brocken umsetzt.
Irgendwie kommen wir auf Alemagne (Deutsch): „Yo alemagne.“, teile ich ihr mit. „Tu es alemagne?, ungläubiges Staunen, „mio hiljo studiente electronic!“ „En alemagne?“ Ihr Sohn studiert Elektronik in Deutschland, ich bin voller Staunen und beschämt, da ich feststelle, das hätte ich einer Friseuse nicht zugetraut: Einen Sohn, der in Deutschland studiert.
Viele lustige Geschichten später bin ich fertig … und finde mich hübsch! Welch ein Erlebnis: Trude Herr voller Komik plus schön gestalteter Haare für 15€!

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